top of page

F-35 Mängel - Der fallende Stern?

Jannis

Das US-amerikanische F 35-Kampfflugzeug, das teuerste Rüstungsprogramm aller Zeiten, scheint mit mehr Mängeln zu kämpfen, als der Öffentlichkeit bisher bekannt war. Ein teils geschwärzter, bisher klassifizierter Bericht des „Director of Operational Test & Evaluation“ (DOT&E), eine dem US-Verteidigungsministerium nachgeordnete Behörde, wurde im Februar dem “House Armed Service Committee” des US-Senats vorgelegt. In dem Bericht werden schwere Mängel an dem Mehrzweckkampflugzeug der fünften Generation festgestellt.


Deutschland ist einer von vielen Kunden des F-35 Programms. Ab 2026 werden für knapp 10 Milliarden Euro 35 Stück der F-35 Lightning II angeschafft. Die Lieferung ist ohnehin nicht unumstritten. Neben den immensen Kosten für die deutschen Steuerzahler gibt es noch andere negative Effekte. Die F-35 Anschaffung könnte die Entwicklung des »Future Combat Air System« mit Frankreich negativ beeinflussen. Außerdem bahnen sich schon jetzt Probleme bei der Integration in Luftwaffenstrukturen an.


Was bedeutet der nun veröffentlichte Bericht für die deutsche Beschaffung? Wie erheblich sind die Mängel und wusste die amerikanische Regierung bei dem Deal von den Schwächen ihrer so angepriesenen Flugzeuge? Und warum sind die Mängel vom Hersteller Lockheed Martin, der 2 Billionen Dollar Entwicklungskosten verschlang, nicht längst behoben?



Logo Us Behörde
Cover des DOT&E Berichts mit Logo der Behörde

Das Dokument des DOT&E trägt den Titel „Assessment of Post-IOT&E F-35 Block 4 Operational Testing“. In dem Dokument werden verschiedene Aspekte des F-35-Programms dokumentiert und bewertet. Die dokumentierten Daten wurden bei operationellen Tests der Software Versionen 30R06 and 30R07 des F-35 Block 4 Upgrades gesammelt. De daraus geschlossenen Bewertungen basieren laut dem Dokument auf den Beobachtungen des DOT&E bei Testereignissen sowie auf unabhängigen Analysen der Testergebnisse und Beobachtungen, die vom U.S. Operational Test Team gemeldet wurden. Diese Beobachtungen begannen 2018 mit dem F-35 Block 3 F Upgrade.

Der Bericht lag dem Defence Acquisition Board des Verteidigungsministeriums vor, und wurde bei der Entscheidung zum Beginn der F-35 Serienproduktion berücksichtigt, teilte das Ministerium am 12. März mit. Trotz der bei dem Mehrzweckkampflugzeug festgestellten Mängel wurde die Serienproduktion bewilligt.


Die unabhängige Watchdog-NGO „POGO“ (Non Partisan Government Oversight) machte am 21. November 2024 auf den Bericht aufmerksam. POGO, (ehemals Project on Military Procurement), wurde 1981 von Dina Rasor gegründet und setzt sich für die Aufdeckung von Verschwendung und Missständen in den US-Verteidigungsausgaben ein. Später erweiterte sie ihren Fokus, indem sie im Laufe der Jahre andere Organisationen wie das Straus Military Reform Project und das Center for Effective Government integrierte.


Die POGO kritisiert in Bezug auf den Bericht scharf das amerikanische Verteidigungsministerium. Denn es hätte die Serienproduktion der F-35 in einer Entscheidung vom 12. März 2024 gebilligt, obwohl bereits in den ungeschwärzten Passagen drastische Defizite festgestellt wurden. Außerdem hätte das Verteidigungsministerium den US-Kongress und die zuständigen Ausschüsse nicht ausreichend informiert, der Bericht des DOT&E lag den zuständigen Ausschüssen nur 4 Wochen vor der Entscheidung zur Serienproduktion vor. Dabei hätte das „Department of Defense“ gegen den „Nunn-McCurdy Act“ verstoßen, das dem Kongress vollständigen Zugang zu kritischen Informationen in der Rüstungsbeschaffung zusichert.



F-35 A Lighning II

Doch um was geht es in dem Bericht des DOT&E überhaupt? Der Bericht bestätigt Mängel der F-35 Modelle in vier Kernbereichen.


1. Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit

2. Logistikprobleme

3. Ungenauigkeit der Bewaffnung

4. Ineffizienz der Tarnkappentechnologie


F-35 Kampfflugzeug fliegend
F-35 A bei einer Luftbetankung 2016 (Public Domain Mark 1.0 Universal)


Um diese Mängel zu verstehen, muss ein kurzer Ausblick auf das Flugzeug an sich und speziell die von Deutschland bestellte Version gegeben werden. Die F-35A ist die konventionelle Version des F-35 Programms von Lockheed Martin. Sie verfügt über konventionelle Start- und Landefähigkeiten, was bedeutet, dass sie auf herkömmlichen, befestigten Flughäfen operiert. Sie hat eine Höchstgeschwindigkeit von Mach 1,6 (ca. 1.980 km/h) und eine Reichweite von etwa 2.200 km. Sie kann eine Nutzlast von bis zu 8.160 kg transportieren, darunter Präzisionsbomben und Raketen. Angetrieben wird sie von einem Pratt & Whitney F135 Triebwerk mit einer Schubkraft von 191 kN. Stealth-Technologie soll für geringe Radarsignatur sorgen. Die moderne Avionik, einschließlich des AN/APG-81 Radars und des Distributed Aperture Systems (DAS), ermöglicht der F-35A Zielerfassung und -verfolgung.


Die B und C Versionen haben ähnliche Eckdaten, sind jedoch auf Anforderungen verschiedener US-Teilstreitkräfte angepasst. Alle Versionen sind jedoch auf dem Papier vielversprechende Kampfflugzeuge. Doch trüben die festgestellten Mängel aus den Testberichten diese Aussicht?



Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit

Flugzeuge, die Ihre angedachte Rolle in Einsätzen durchführen können, gelten als einsatzverfügbar. Bei modernen Kampfflugzeugen sind durch technische Herausforderungen die Verfügbarkeitsquoten, also die zusammengerechnete Summe aus verfügbaren und nicht verfügbaren Flugzeugen nie bei 100 Prozent. Die Quoten geben einen Maßstab für die Zuverlässigkeit von Systemen. Der deutsche Eurofighter beispielsweise, erreichte laut einem Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung aus dem Jahr 2021 eine Einsatzbereitschaftsquote von 80 Prozent.

Schon 2018 wies der damalige damals US-Verteidigungsminister an, die Verfügbarkeitsquoten der F-35 Kampfflugzeuge auf 70 Prozent zu erhöhen. Daten aus dem nun veröffentlichen Bericht zeigen, dass die F-35 dieses Ziel bei umfangreichen Tests verfehlt. Trotz enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller Lockheed Martin konnte im Testzeitraum maximal eine Verfügbarkeitsquote von 62 Prozent erreicht werden. Wenn also zehn F-35 Flugzeuge eine Mission durchführen sollen, bleiben vier davon am Boden. Im Ernstfall von tatsächlichen Kampfeinsätzen wäre das fatal.



Statistik aus F-35 Mängel Bericht

Verfügbarkeitsquoten von F-35 Varianten


Die Bundeswehr hatte zwar auch lange mit Einsatzverfügbarkeitsraten ihrer eigenen Systeme zu kämpfen, die Neuanschaffung der F-35 sollte aber eigentlich genau das verhindern. Zusätzlich würde auch eine Integration der amerikanischen Technologie in deutsche Luftwaffenstrukturen die Einsatzverfügbarkeit nicht unbedingt verbessern.



Logistik

Mit der Integration der F-35 in die Luftwaffenstruktur geht ein wichtiger Aspekt von Waffensystemen einher; die benötigte Logistik. Und auch hier schneidet die F-35 schlecht ab. Allgemein gilt, um ein Waffensystem erfolgreich einzusetzen, benötigt es eine funktionierende Logistik. Wartung und Reparatur sind bei solch modernen Systemen wie der F-35 keine Nebensache. Benötigte Materialien und Teile müssen vor Ort, Systeme für Analyse und Wartung verfügbar und das Personal ausreichend geschult sein. Kurz: der benötigte Logistikrahmen ist sehr umfassend. Der Bericht des DOT&E stellt jedoch fest, dass der jener Logistikrahmen für die F-35 Flugzeuge die Kapazitäten der meisten US-Teilstreitkräfte überschreitet.



F-35 Mängelbericht
Auszug der Endbewertung des Logistikrahmens


Bei Szenarien der US-Streitkräfte müssen F-35 Flotten in Basen verlegt werden, um in den jeweiligen Regionen eingesetzt zu werden. Hierfür muss logischerweise auch die erforderliche Logistik verlegt werden. Bei der „Air Force“ und den „Marines“ überschritt die für die F-35 notwendige Logistik die Kapazitäten der verfügbaren Transportplattformen. So war schlicht nicht genug Platz in den amerikanischen Transportflugzeugen und Schiffen für die Verladung des Zubehörs der F-35.


F-35 Logistik
Logistiktransport der Air Force (Foto: Air Force Senior Airman Chloe Shanes)


Deutschland wird die F-35 natürlich in anderen Szenarien einsetzen als die USA einsetzen. Starts von Flugzeugträgern oder amphibischen Angriffsschiffen der LHA6 Klasse sind für deutsche F-35 Einsätze unwahrscheinlich. Jedoch lässt der Umfang an benötigter Logistik an der Machbarkeit von regelmäßigen Einsätzen der F-35 in der deutschen Luftwaffe zweifeln. Denn die Logistikfähigkeiten der USA sind denen der Bundeswehr keinesfalls unterlegen. Anekdoten besagen, dass die US-Armee innerhalb 24 Stunden überall auf der Welt eine voll funktionsfähige Burger King Filiale einrichten kann. Ob die heimische deutsche Infrastruktur da mithalten kann, ist zu bezweifeln.



Ungenauigkeit der Bewaffnung

Ein weiterer Mangel, der im Einsatz der F-35 im Ernstfall zu großen Problemen führen kann, sind die Probleme mit der Bordkanone. Die A Version der F-35, die Deutschland erhält, ist mit einer 25mm Gatling Kanone vom Typ GAU-22/A ausgestattet. Laut dem Bericht leidet die Bewertung der Wirksamkeit der F-35 Waffensysteme aufgrund von Design und Installierungsfehlern. Wörtlich wird geschrieben; „Die Bewaffnung wäre unfähig, Ziele zu treffen“. Ob das an der Software der Zielsysteme oder an der Hardware der Waffe liegt, wurde in den ungeschwärzten Dokumentpassagen nicht ausgeführt.


Zwar werden Nahkampfsysteme wie die Gatling Gun im Luftkampf aufgrund von Luft-Luft-Raketen immer unwichtiger, trotzdem ist diese Bewertung des Waffensystems vernichtend. Grade für die Bündnisverpflichtungen der NATO ist die deutsche Luftwaffe ein wichtiger Teil der Luftraumverteidigung. Und hierfür wird eine Bordkanone benötigt, die Ziele auch treffen kann.



Stealth

Eine der wichtigsten Eigenschaften des F-35 Programmes ist die Tarnkappentechnologie von Lockheed Martin, die die Radarsignatur und damit die Sichtbarkeit der Flugzeuge weitgehend reduzieren soll. Umgangssprachlich auch als „Stealth“ Fähigkeit bezeichnet, ermöglicht die Technologie den Flugzeugen, unentdeckt von feindlichen Sensoren und Flugzeugen zu operieren. Unter anderem genau diese Fähigkeit macht die F-35 zu Flugzeugen der fünften Generation.


Doch der Bericht äußert Zweifel daran, ob diese Stealth Fähigkeiten im operativen Regelbetrieb aufrechterhalten werden könne. Im Bericht steht dazu wörtlich übersetzt:


Es wurden Wartungsarbeiten, wie die Wiederherstellung des Systems für geringe Sichtbarkeit (Low Observable, LO), die den „Fully Mission Capable“-Status (FMC) beeinträchtigt hätten, häufig aufgeschoben, um Lufteinsätze zu ermöglichen. Tatsächlich erreichten oder behielten keine der F-35A- oder F-35C-Flugzeuge den FMC-Status während irgendeines Zeitraums dieser Einsätze, eine Voraussetzung die essenziell für Kampfeinsätze gewesen wäre. Für den F-35B-Einsatz lag die FMC-Rate während der gesamten Demonstration bei 20 Prozent oder weniger. Alle F-35A-Flugeinsätze wurden mit Flugzeugen geflogen, die eine nicht konforme geringe Sichtbarkeitssignatur aufwiesen. Vier der fünf F-35B-Flugzeuge und 80 Prozent der einzelnen Flüge erreichten eine konforme Sichtbarkeitssignatur. Keines der F-35C-Flugzeuge wurde als nicht konform gemeldet.“


Die Bundeswehr beschafft die F-35 Lightning II A Variante. Laut der grade zitierten Aussage konnte kein einziger Flug der F-35 A Variante die im Test anvisierte geringe Sichtbarkeitssignatur erreichen. Die B und C Varianten schnitten jedoch besser ab.

Ein Tarnkappenbomber ohne funktionierende Tarnkappentechnik also? Um im Luftkampf heutiger Konflikte mitzuhalten, sind Stealth Fähigkeiten unabdingbar. Über diese fehlerhafte Schlüsseltechnologie müsste sich die deutsche Luftwaffe den Kopf zerbrechen.



Ausblick

Die festgestellten Mängel sind natürlich nur Teilaspekte der gesamten Fähigkeiten des F-35 Programms. Sie machen die Mehrzweckkampfflugzeuge nicht zu einem gescheiterten System. Es ist immer noch eines der technisch fortgeschrittensten Flugzeugsysteme weltweit. Bei geschätzten Entwicklungskosten von über 2 Billionen US Dollar (1,8 Billionen Euro) ist das aber auch zu erwarten.


Trotz dieser Summe erfüllt die F-35 nicht die gewünschten Anforderungen. Der Bericht des DOT&E drückt es wörtlich übersetzt zu Eröffnung der Analyse so aus:


"Die Gesamtzuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit und Verfügbarkeit der F-35-Flotte der USA bleibt unter den Erwartungen des Militärs. Die Eignungsbewertungen in diesem Bericht basieren auf Analysen der Zuverlässigkeits-, Wartungs- und Verfügbarkeitsdaten für alle Varianten der US-Flotte, die über einen erweiterten Zeitraum gesammelt wurden, um zeitliche Trends zu offenbaren. "


Natürlich arbeitet der Hersteller Lockheed Martin in Verbindung mit dem US-Verteidigungsministerium auch an den im Bericht genannten Problemen. Die Produktion des Flugzeuges ist ein andauernder Entwicklungs du Verbesserungsprozess. Betonung von vorhandenen Mängeln ist jedoch trotzdem wichtig für politische und militärische Entscheidungsträger. Auch für internationale Partner wie Deutschland.


Deutschland braucht eine schnelle Lösung für den Ersatz der in die Jahre gekommenen Tornado Flugzeuge. Und viele Alternativen für die Anschaffung gibt es nicht. Russlands Suchoi fallen aus offensichtlichen Gründen weg und das gemeinsame FCAS-Projekt mit Frankreich kann noch lange nicht liefern. Es bleibt abzuwarten, ob die deutsche Luftwaffe ein ähnlich enttäuschendes Urteil über die eigenen F-35 Flugzeuge treffen wird, wie der Bericht des DOT&E.



10 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Unbesiegbar?

Comments


bottom of page